Sonntag, 17. Februar 2013

Raus aus Chittoor! - Die erste Reise

Mysore

Bye bye Chittoor, auf ins Abenteuer! Die erste Station meiner Reise war Mysore. Der Weg dorthin war schon aufregend. Begonnen hat er nachts von Chittoor nach Bangalore, wo ich mitten in der Nacht auf dem großen Busbahnhof angekommen bin. Da so etwas zu gefährlich für eine Frau allein ist, hat mich bis dorthin ein Angestellter von SCAN begleitet. Leider endete in Bangalore alles im Chaos, da der Mann leider komplett keine Ahnung von den Bussen nach Mysore hatte. Ich rannte also die ganze Zeit mit dem gesamten Gepäck hinter ihm her, wenn er die verschiedenste Leute fragte, und sollte alleine auf ihn warten. Da wäre ich alleine wirklich noch sicherer gewesen!
Schlussendlich war der Bus nach Mysore anscheinend gefunden, eine rasche Verabschiedung und ich entspannte mich, bis der Kontrolleur kam und nur 8 Rupees für das Ticket wollte. Das kann doch nicht angehen? Konnte es auch nicht. Ich saß im Stadtbus zu einer anderen Busstation, habe dann aber doch noch die richtigen Busse gefunden. Erschöpft aber glücklich kam ich dann morgens in Mysore an, nachdem ich mehrmals komplett übermüdet an der falschen Haltestelle aussteigen wollte und mich die Leute im Bus zum Glück noch davon abgehalten haben.
In Mysore sollte ich Biggi treffen, die ich schon aus Deutschland kannte und die als Freiwillige in Mysore arbeitet. Das war aufregend! Sie kam mit einer Gruppe anderer Freiwilliger von einem Workcamp, meine ersten Weißen seit einigen Wochen! Ich bin schon wie die Inder geworden und starre nur noch die Weißen an. Die Wiedersehensfreude war groß und ich war ganz überfordert von den ganzen neuen Eindrücken. Glücklich saß ich dann mit Biggi im Bus zu ihrer Gastfamilie, wo ich für die Nacht unterkommen sollte. Mysore, eine Touristenstadt, sowas war ich nicht gewohnt. Lauter Weiße und lauter Menschen, die einem alles mögliche verkaufen wollten.
Ich wurde dann von der Familie gleich herzlich und laut aufgenommen. Und was am schönsten war, ich konnte mit Biggi über alles erlebte sprechen und mich mit ihr über unsere Erfahrungen in Indien austauschen,die zu dem Zeitpunkt so unterschiedlich und gleichzeitig so ähnlich waren.
Abends haben wir dann noch einen Ausflug nach Hunsur zu anderen Freiwilligen gemacht. Dort wurden wir von einer Parade durch die Stadt überrascht. Immer noch ein Stadtviertel, das Ganesh Chathurti feiert & ihre Ganesh Statue im See versenken möchte, obwohl das Fest schon seit einigen Wochen vorbei ist. Menschen in Kostümen, Trommler und eine riesige mit Blumen behangene beleuchtete Statue! Die Trommler bildeten einen Kreis um uns und wir tanzten mit den Indern zu der Musik. Was für ein toller erster Abend. Das war das Indien, das ich mir die ganze Zeit vorgestellt habe.
Am nächsten Tag ging es zu einem Hotel, das ich mir mit den beiden Freiwilligen Lea und Insa geteilt habe. Gemeinsam wollten wir uns Mysore anschauen, in dem im Moment Ausnahmezustand herrschte, da das Desara-Festival stattfand. Das Desara Festival wird am größten in Mysore gefeiert, wobei es einen riesigen Umzug durch die Stadt gibt (bei dem auch der echte Thron des Maharadschas herumgetragen wird) und abends alles mit Lichtern beleuchtet ist. Zusammen entdeckten wir den Palast des Maharadschas und den riesigen Devaraja Market, der vor allem berühmt für seine Farben und Öle ist. Wir waren alle ganz verzaubert. Dann wollten wir vier noch in ein Restaurant zu einem gemütlichen Abendessen, bei dem sich dann aber zufällig um die 30 verschiedenen Freiwilligen von FSL ansammelten. So viele Deutsche auf einmal!
Dann kam der große Tag der Parade und wir machten uns früh auf den Weg zum Palast, da die kleine Chance bestand, noch eine Eintrittskarte zu bekommen, um die Parade vom Palast aus zu sehen. Daraus wurde leider doch nichts und wir sputeten uns, um noch einen Stehplatz an der Straße zu bekommen. Die Menschenmassen waren wirklich unglaublich und die Sonne brannte auf uns herunter. Wir sahen bemalte Elfanten, Tänzer, Menschen in Kostümen und kleine Bühnen, die indische Mythen darstellen sollten. Dann wurde es sehr unruhig, der Zaun hinter uns wurde eingetreten und Inder rannten darüber. Und warum waren auf einmal nur Männer um uns herum? Diese nutzten die Gelegenheit natürlich, mal einer weißen Frau ganz nah zu sein. Also schnell aus den Menschenmassen in ein gemütliches indisches Eiscafé und unseren Sonnenbrand pflegen. Abends schlenderten wir durch die Straßen, die alle beleuchtet waren. Das beeindruckenste war der Palast, der komplett mit Lichterketten behangen war. Vom Chamundi Hill genossen wir dann den Blick über die ganze Stadt und kamen dann erschöpft in unserem gemütlichen Hotelzimmer zur Ruhe.
Insgesamt waren die Tage in Mysore so erlebnis- und abwechslungreich, wie ich es mir nicht vorstellen konnte.
Elefant beim Desara-Festival
Mysore-Palace bei Nacht


Devaraja-Market

Die nächste Etappe der Reise war Hampi, eine riesige Ruinenstadt inmitten einer steinigen Berglandschaft. Mit Biggi, Lea, Insa und Benni (alle bekannte Gesichter aus Deutschland) ging es im klapprigen „ordinary bus“ nach Hampi. Die perfekte Möglichkeit billig zu reisen. Die 12 Stunden Busfahrt haben uns nur 300 Rupees gekostet!
Es war magisch im Morgengrauen durch die Bananenplantagen und alten Ruinen zu fahren und wir waren schon begeistert, bevor wir ankamen. In unseren 4 Tagen sind wir viel durch die alten Ruinen geschlendert und Hampi ist zu einem meiner Lieblingsplätze in Indien geworden. Hampi ist keine Stadt, es besteht komplett aus Lodges, Restaurants und Läden, die mitten in die Ruinen hereingebaut sind, natürlich illegal. Deshalb werden sie nach und nach alle abgerissen und man weiß nicht, wie Hampi in der Zukunft aussehen wird. Zunächst erkundeten wir die alten Tempel in der näheren Umgebung. Es machte wirklich Freude, einfach nur zu sitzen und den Ausblick zu genießen und in den Ruinen herumzuklettern. Abends zog es und dann noch in den großen Tempel, der noch aktiv ist. Wir machten den Darshan mit, saßen auf den aufgewärmten Steinen, lauschten den Gesängen und beobachteten die Affen, die überall in der Anlage herumkletterten. Da sonst kaum Touristen den Darshan im Tempel mitmachten und sich alle so darüber freuten, dass wir indische Kleidung trugen, wurden wir oft angesprochen und auch die Brahmanen freuten sich.
Am anderen Tag ging es auf die andere Seite des Flusses, der Hampi teilt. Für uns ging es aber nicht in den traditionellen Nussschalenbooten sondern in der kleinen Fähre über den Fluss. Wir liehen uns dort Motorräder aus und erkundeten mit ihnen die ganze Gegend. Ich saß bei Biggi hintendrauf und natürlich sitzt man wie die Inder freihändig. Es war so ein tolles Gefühl durch die Reisfelder und Berge zu fahren. Wir besuchten den Hanuman-Tempel, der auf der Spitze eines Berges thront und zu dem man anstrengende 600 Stufen heraufsteigen muss. Doch der Ausblick entlohnte alles. Hanuman ist der Affengott und deshalb waren auch so einige Affen dort oben anzutreffen, weshalb man wirklich auf sein Essen aufpassen musste! In dem sehr kleinen Tempel saßen wir noch längere Zeit und hörten den Gesängen zu, bekamen den langen roten Strich auf die Stirn gemalt und bekamen Tee. Danach ging es an einen See. Auf der Suche nach einem stillen Plätzchen landeten wir mitten in einer Affenherde. Leider haben wir gerade unsere Bananen gegessen und als die Affen auf einmal die Zähne fletschten, war es Zeit zu verschwinden, da mit ihnen wirklich nicht zu spaßen ist. An der Straße wurde uns dann noch von einem Schlangetempel im Dschungel und einem Wasserfall erzählt. Das wollten wir sehen! Biggi und ich wurden dann aber von einer Gruppe indischer Männer aufgehalten, die uns die ganze Zeit die Hand geben wollten (was keine indische Frau macht) und aufdringlich waren. Also fuhren wir schnell hinter den anderen her, sahen jedoch hinter einer Kurve die Riksha mit den ca. 15 Männer hinter uns her jagen, die auf dem Dach saßen und aus den Türen heraushangen. Sie verfolgten uns grölend und versuchten uns anzufassen und auszubremsen. Und es war wirklich wie eine Verfolgungsjagd. Da die Sonne schon unterging und sowas wirklich gefährlich mitten im Dschungel werden könnte, drehten wir schnell um und fuhren zurück. Wir setzten noch mit der Fähre über und ließen den Abend ausklingen. Am nächsten Tag stiegen wir schon vor Sonnenaufgang auf und gingen in den Tempel, in dem im Morgengrauen ein besonderes Gebet abgehalten wird. Danach mieteten wir uns nochmal ein Motorrad um unsere Seite des Flusses zu erkunden. Wir sahen wirklich beeindruckende Tempelanlagen, die alle so weit verstreut waren, dass man länger zu ihnen hingefahren ist. Für den einen sollte man dann als Nicht-Inder 250 Rupees bezahlen (Eintritt für Inder 10 Rupees), was uns zu viel war. Biggi und ich schafften es dann jedoch den Ticketkontrolleur zu erweichen. Dieser meinte dann er kauft uns ein Ticket für 80 Rupees. Das Geld wird er jedoch auf jeden Fall behalten haben und wir sollten es ihm in einer Ecke im Tempel geben. So ist es wohl mit der Korruption. Auf dem Weg zurück ist jemandem von uns dann leider das Motorrad umgekippt, als sie losfahren wollte. Zum Glück ist nichts passiert, aber das Motorrad war so ziemlich kaputt. Es gab erstmal großes Drama und einen Menschenauflauf um uns herum. Wir transportierten das Motorrad mit der Riksha zurück nach Hampi und redeten eine Stunde auf den Vermieter ein und erzählten die Geschichte, die wir immer erzählen: Wir sind Voluntäre, arbeiten, leben für längere Zeit in Indien und haben kein Geld. So war die Strafe, die wir für die Reparatur zahlen mussten, nicht zu hoch war. Erleichtert stiegen wir noch schnell auf einen Felsen um uns den Sonnenuntergang anzuschauen. Doch es versammelte sich eine riesige Gruppe von Indern um uns, die einfach die ganze Zeit ungeniert Fotos von uns machten. Dies war schon die ganze Zeit über der Fall gewesen. Ich möchte nicht wissen, was eine Inder mit diesen Fotos anfangen. Diesmal war es wirklich zu viel für uns und wir versuchten energisch zu erklären, dass wir nicht im Zoo sind und nur ganz normale Menschen wie die Inder auch. Verstanden haben sie es wohl nicht, aber irgendwann sind sie gegangen.
Am nächsten Tag erkundeten wir noch einige Tempel und schauten uns gemütlich die Massen an Läden an. Hampi ist nicht sehr groß und die ganzen Verkäufer kannten uns schon. Es wird natürlich mit den drastischsten Maßnahmen versucht, jemanden zum kaufen zu bewegen. Und da man auch eher oft gefragt wird, wo man herkommt und wie man heißt, dachten wir uns unsere eigene Geschichte aus, wenn uns einige Personen sehr komisch vorkamen. Unsere Herkunftsländer waren Usbekistan und Armenien, womit die Inder komplett nichts anfangen konnten und so auch nicht ihre kleinen Deutschkenntnisse an uns ausprobiert haben.
Hampi wimmelt nur so von anderen Touristen und wir haben viele nette und interessante Menschen getroffen, die man zufällig immer wiedergesehen hat. Hampi liegt wirklich im Nirgendwo und hat auch meist keinen Handyempfang. Irgendwann bekam ich dann die SMS meiner Mutter: Bitte ein Lebenszeichen. Sobald man auf Reisen ist, vergeht die Zeit so schnell und man ist so mit den neuen Eindrücken beschäftigt, dass kaum Zeit hat, an zu Hause zu denken.
Unsere tolle Reisegruppe trennte sich dann und Biggi und ich reisten mit Anita und Anne, Freiwilligen aus Mysore, weiter.

Tempelanlage in Hampi
Biggi und Ich auf dem Motorrad

Insa, Ich und Lea mit einem Ausblick über Hampi

Lea, Insa und Benni auf dem Motorrad

Hanuman-Tempel

Sonnenuntergang auf dem Berg


Abendatmosphäre auf einem Rooptop-Restaurant

Unsere Reisegruppe (Biggi, Ich, Benni, Lea, Insa)

Nächste Station: Goa! Es wird einem oft erzählt wie touristisch und unindisch Goa ist und dass man es nicht unbedingt gesehen haben muss. Trotzdem wollten wir uns unser eigenes Bild machen. Mit dem Bus ging es dann den holprigen Weg durch die Berge nach Goa. Zum Glück hatten wir einen Semi-sleeper (der besser als die ordinary Busse ist und bei dem man die Sitze zurückklappen kann). Und da kamen wir dann in Goa, Panaji im Morgengrauen an und hatten wirklich komplett keine Ahnung und keinen Plan. Also haben wir uns einfach von irgendwelchen Riksha-Fahrern einen Ort empfehlen lassen und uns mit Bussen nach Anjuna begeben. Auf dem Weg trafen wir noch eine Belgiern, Celine, mit der wir uns die Zeit über immer wieder getroffen haben. Der Ort war schön, touristisch, voller Läden und verrückter Menschen. Wir verbrachten vier schöne Tage am Strand und es fühlte sich wirklich wie Urlaub an. Abends konnte man ausgehen und es war wunderschön, im Meer zu tanzen. Wir haben Menschen kennengelernt und einige Abenteuer erlebt, die man hier gar nicht alle beschreiben kann. Wir perfektionierten unsere Verhandlungsfähigkeiten auf dem riesigen Flohmarkt und mieteten uns ein Motorrad, um die umliegende Gegend zu erkunden. Dort sahen wir schöne Strände und kleine Dörfer.
Natürlich ist Goa auch das, wofür es bekannt ist. Die vielen Touristen, vor allem waren es Russen, liefen in knapper Kleidung herum. Das war für uns zunächst schon eine Art Kulturschock. Für uns war klar: Wir gehen wie die Inderinnen in Klamotten baden und tragen ein Bindi. Indisches Essen war leider nur schwer zu bekommen und einem wurden oft Drogen auf der Straße angeboten.
Ich kann nur sagen, dass wir dennoch eine tolle Zeit hatten und ich werde die Erlebnisse dieser ersten Reise nicht so schnell vergessen. Es viel uns wirklich schwer Abschied von dem Ort zu nehmen, doch wir mussten uns in dem holprigen ordinary Bus auf die 14 stündige Rückreise machen.
Aber uns war bewusst, dass es nicht unsere letzte gemeinsame Reise war und dass es uns auch irgendwie noch einmal nach Hampi und Goa treiben würde.

Strand in Anjuna

Strand typisch indisch (mit Kühen)

Ausblick vom Fort

Jetzt sind wir auch mal touristisch


Lea hat noch ein Video von unserer Reise hochgeladen: http://www.youtube.com/watch?v=2emvBggVlHU

1 Kommentar:

  1. Beneidenswert
    Ich wünsche dir euch allen noch wundervolle
    Begegnungen.
    Du wirst immer schöner und es wirkt auf mich so, dass du tief eingetaucht bist in dein Indien
    Umarmung

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