Ich sollte nicht
in einer Gastfamilie unterkommen, sondern in einem PG. Gut, okay dann
ein PG, aber was ist das? Das ist ein „private Guesthouse“, ein
Hostel entweder für Frauen oder Männer, in dem Studentinnen,
Jobsuchende und Beschäftigte leben, die nicht bei ihrer Familie
wohnen könnte. Hörte sich auf jeden Fall interessant an. Als ich in
meiner neuen Unterkunft, dem Vanashree PG, rausgelassen wurde, musste
ich meine Vorstellungen erstmal überdenken. Ein großes Gebäude mit
vergitterten Fenstern, in dem 140 Mädchen und Frauen leben. Unten
ein paar Plastikstühle und ein Fernseher (was das Wohnzimmer
darstellen sollte) und einen kleinen Raum, wo zu festen Zeiten Essen
serviert wurde.
Ich kam an und
niemand wusste, wer ich war und was ich sollte, denn man hatte
niemanden von meiner Ankunft informiert. Also wurde ich erstmal in
das Zimmer der Warden verfrachtet, die nicht im Haus war. Abends kam
sie und ich merkte, dass hier alles etwas anders läuft. Die Warden
Asha ist relativ jung und ziemlich verplant. Ein Zimmer kann ich erst
bekommen, wenn die zwei anderen Freiwilligen, die auch dort wohnen,
wieder da sind, hieß es. Also lebte ich die erste Woche im einem
Zimmer mit meiner Chefin, die komplett keine Privatsphäre hat, weil
jeder in ihren Raum gestürmt kommt. Gegessen wird alleine auf den
Zimmern und man muss auch sein eigenes Geschirr mitbringen, eigene
Wäsche und eigenes Putzzeug. Und eigentlich machen die meisten auch
gern alles allein oder mit ihren Zimmergenossinnen. Aber wo soll man
sich sonst auch treffen ohne Gemeinschaftsraum?
Als dann meine
neuen Mitbewohnerinnen Fanny (Deutschland) und Jasmijn (Holland) aus
dem Urlaub wiederkamen hieß es umziehen. Da jedoch niemals 3 Betten
in dem kleinen Raum nebeneinander gepasst hätten, musste ein
Doppelbett her. Morgen, oder übermorgen,.. Den ganzen Tag lang
kämpften wir um ein Bett und abends um 11 war es dann endlich
geschafft. Aber hat je irgendjemand auch von einer Matratze
gesprochen? Dafür musste man nochmal viel Überredungskunst und
Hartnäckigkeit bei Asha einsetzten, die immer in die
unterschiedlichsten Ecken des Hauses vor uns floh. Auf jedem Fall
habe ich in diesem PG penetrant auf seinen Rechten zu bestehen.
Mein Badezimmer (beim Wäschewaschen) |
In was für einer
Gegend bin ich eigentlich gelandet? Das sah alles nicht mehr so nach
Großstadt aus. Mein Stadtteil heißt Mathikere, das nahe dem großen
Bezirk Yeshwantpur ist. Asha nahm mich einige Male auf ihrem Scooter
mit und zeigte mir die Gegend, wie den großen Gemüsemarkt und die
überfüllten Straßen.
Fanny und Jasmijn
zeigten mir dann noch das Viertel mit seinem Supermarkt, dem
Postladen, dem Internetcafe und Läden, wo man sein Handy auflädt,
Fotos ausdruckt und Bus- und Zugtickets bucht.
Mit meiner Ankunft begann auch gleich eines der größten und
wichtigsten Hindu-Festivals. Diwali! Das lässt sich für uns am
besten als eine Mischung aus Silvester und Weihnachten beschreiben.
Es stehen überall Öllämpchen, es werden in der Familie Geschenke
verteilt und Feuerwerke und Knaller gezündet. In den 5 Tagen des
Festivals herrschte Ausnahmezustand. Mit Jasmijn und Fanny und einer
deren indischen Freundinnen aus dem PG gingen wir schön essen,
besorgten uns ein kleines Feuerwerk und feierten Diwali auf unserem
Hausdach. Es war wunderschön abends die tausenden Lichter zu sehen
und die unzähligen Feuerweke. Auch im PG wurden einige Lichter
aufgestellt, wobei die meisten Mädchen jedoch nach Hause zu ihren
Familien gefahren waren. Andererseits hat man sich zwischendurch wir
im Krieg gefühlt. Die Knaller hier sind um einiges lauter als in
Deutschland und mit Sicherheitsstandards will ich gar nicht erst
anfangen. Die ganze Zeit, bis spät in die Nacht, knallte es, und am
Telefon hat es sich wie ein Bombenangriff angehört. Abends ging man
am besten auch nicht auf die Straße, da die Inder munter Knaller aus
ihren Fenstern warfen und man immer aufpassen musste, nicht in eine
Explosion zu geraten. Auch ist in den Großstädten wie Bangalore in
dieser Zeit die höchste Lärmbelästigung und der schlimmste Smog
innerhalb des ganzen Jahres....
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