Sonntag, 14. Oktober 2012

Ausflüge

 In der vorletzten Woche standen einige Ausflüge an, von denen ich in diesem Eintrag schreibe.

Bangalore

Ich sollte auf einmal kurzfristig nach Bangalore fahren, um an dem Geburtstag der Tochter meines Chefs teilzunehmen. Das war schon eine aufregende Sache, das erste Mal ganz allein Bus zu fahren. Mit dem Auto fährt man 3 Stunden, doch mit dem Bus 6. Und bei dem Anblick der Busse kann man das auch verstehen. Vollgequetscht, klapprig, aber wirklich angenehm wegen dem Fahrtwind und da man die ganze Zeit die Landschaft betrachten kann. Für die 6 stündige Busfahrt habe ich 110 Rupien bezahlt, was ca. 1,50 ist. So lässt es sich gut reisen! Die Landschaft ist wirklich atemberaubend und man hat immer was zu gucken, vor allem wenn man durch die Dörfer an der Hauptstraße fährt. Zwischendurch steigen dann immer Snackverkäufer in den Bus ein und preisen ihre Waren an. Denn Inder können auf einer „Reise“ ohne Snacks nicht überleben habe ich das Gefühl. Zum Beispiel kann man auch frische Gurke oder Mango kaufen, nur dass darauf Chilipulver gestreut wird, da es sonst ja nicht scharf genug ist.

Die Geburtstagsfeier am nächsten Abend war ganz interessant. Es gab einen Kuchen, der ganz offiziell angeschnitten wurde und es wurden Bibelverse vorgelesen und Gebete gesprochen.
Am nächsten Tag hat mir dann mein Chef nahegelegt, nach Deutschland zurückzufliegen. Wegen einigen Problemen in meinem Projekt werde ich jetzt die Organisation wechseln, aber davon mehr, sobald ich Informationen habe!
Nach diesem Gespräch ging es dann schon früher als erwartet zurück nach Chittoor. Auf der Busfahrt kam es leider zu einem Zwischenfall, da ich von einem Inder belästigt wurde. Der Kontrolleur war aber sehr wachsam, hat den Bus sofort angehalten und ihn zur Polizei gebracht. Ich wusste leider überhaupt nicht was los war, da niemand Englisch konnte und musste leider mit ansehen, wie der Mann mit Schagstöcken verprügelt wurde. Ich habe dann gleich meinen Ansprechpartner vor Ort angerufen, der gekommen ist und die Sachen auf Tamil mit den Polizisten geregelt hat. Der Mann musste anscheinend noch die ganze Nacht bei der Polizei bleiben und hat seine gesamten Sachen verloren... Ich habe versucht zu erklären, dass in Deutschland andere Methoden herrschen, doch das hat niemand verstanden. Da es in Indien überhaupt nicht in Ordnung ist, wenn Männer Frauen belästigen, hatten alle eher gute Laune, weil sie dachten, dass sie etwas sehr Gutes getan haben. 

Chennai

Am nächsten Wochenende sind wir dann, nach viel hin und her und Unklarheiten, nach Chennai gefahren. Wir sind Miriam, die 2 Wardens vom Sherman College mit ihren Töchtern, Söhnen und anderen Verwandten und ich. Das waren insgesamt 13 Leute, die sich in eine Art Jeep gequetscht haben, den wir extra für den Tag mit Fahrer gemietet haben. Die Fahrt dauerte auch einige Zeit und so ging es dann früh morgens los. Statt um 4 um 6, typisch Indien. Mit lauter Essen und Snacks im Gepäck waren wir gut ausgerüstet. Außerdem haben wir einen Film bei der Autofahrt geschaut, für den sich unser Fahrer ein bisschen zu sehr interessiert und nicht mehr so oft auf die Straße geguckt hat. Zunächst haben wir einen alten Tempel in einem Dorf besucht, in den wir nicht ganz rein durften, da wir keine Hindus waren...
Danach ging es nach Mahabalipuram, einer Art alter Tempelanlage, die nur aus einzelnen riesigen Steinblöcken geschlagen ist.Wir waren es gar nicht mehr gewohnt an so einem touristischen Ort zu sein. Alle Verkäufer sind auf uns zugerannt und man war vollkommen überfordert. Außerdem haben wir die St. Thome Church besucht, in der angeblich die Gebeine des Heiligen Thomas liegen sollen. Sie setzen die schöne aber kitschige Kirche mit dem Petersdom und Santiago de Compostella gleich. Dort haben wir dann auch Deutsche getroffen, die an einer Hochzeit teilgenommen haben. Es war total ungewohnt, mit einer größeren Gruppe wieder Deutsch zu reden, aber ich habe mich wirklich gefreut, mal andere „Weiße“ zu treffen!
Die öffentlichen Toiletten sind auf jeden Fall auch ein Erlebnis: Es sind nur Löcher im Boden und man kann sich Wasser aus einem Tank mitnehmen...
Außerdem ging es zu zwei Stränden, denn Chennai liegt an der Küste. Das war wohl das Highlight für alle Inder, mit denen wir gefahren sind. Nur das man sich das anders vorstellen muss. Der ganze Strand ist voller Verkäufer, Stände, alten eingerosteten Karussels und natürlich Müll. Bei Wolken und Regen stehen die Inder dann am Wasser und gucken sich die Wellen an. Und zwar ist auf dem kilometerlangen Strand eine Linie zu erkennen. Kein Inder geht baden, man geht höchstens mit den Füßen etwas ins Wasser. Trotzdem hatten dort alle ihre Freude und waren danach noch schön beim Strand shoppen, wobei die Inder auf jeden Fall mehr zugeschlagen haben als wir!
Auf dem Rückweg haben die meisten geschlafen und ich wusste nicht in welchen eingequetschten Positionen es noch gemütlich sein kann!

unsere Gruppe (wie so oft bin ich die Größte!)
rituelle Badestelle am Tempel mit tausenden Fischen (die man als Punkte im Wasser erahnen kann)



Mahabalipuram


Strand typisch indisch

St. Thome Church (mit verschleierten Frauen)



Tirupati und Thirumala
An diesem Dienstag sind Miriam und ich dann noch ganz kurzfristig zu einem alten indischen Tempel, einer Pilgerstätte für Hindus gefahren, an dem sie Venkateswara, einen Avatar von Vishnu verehren. Doch leider war genau dann irgendein Feiertag und noch mehr Pilger als sonst waren dort (ca. 100.000)
Wir haben uns am Morgen mit allerlei Snacks und Essen ausgerüstet auf den Weg nach Tirupati gemacht, wo wir am Nachmittag eigentlich noch den Zoo besuchen wollten.
Dann ging es hoch in die Berge nach Thirumala, wo wir einige Ängste auszustehen hatten, da der Bus sehr nah am Abgrund gefahren ist (indischer Fahrtstil!) Als wir angekommen sind, haben wir erstmal gemerkt, wie riesig dort alles ist. Es ist ein riesiger Pilgerort mit Übernachtungshäusern, Appartements, Shopping Centern, Krankenhaus und so vielem mehr. Und eine Sache ist noch ganz beeindruckend. Die meisten Menschen opfern ihre Haare dort, damit sie sich einen großen Wunsch erfüllen können. Das heißt fast alle Menschen dort laufen mit Glatze herum: Männer, aber auch Frauen und Kinder! Einfach nur vom dem Anblick her hat man sich an ein Sträflingslager erinnert gefühlt.Also haben wir uns gleich verlaufen, wurden dann aber von einem der Helfer in die Schlange gestellt und waren damit erstmal ganz zufrieden. Nachdem alle Inder uns immer wieder darauf hingewiesen haben, dass wir unsere Schuhe ausziehen müssen und Handys und Kameras abgeben sollen, haben wir das alles in unserer Tasche versteckt. Wirklich überall auf dem ganzen Gelände liegen Schuhe. Unsere hätten wir sicherlich nicht wiedergefunden! Die Schlange wurde durch eine Art Käfig geleitet, der dünn und 4km lang gezogen ist, und das war schon die schnelle, teurere Variante. Nachdem wir 5 Stunden zusammengequetscht mit Hindu Pilgern gewartet haben, sind wir endlich zum Ticketschalter gekommen! Währenddessen haben wir tatsächlich zwei Inder getroffen, die Deutsch sprechen konnten. Bei dem Schalter waren überall Verbotsschilder mit Handy, Kamera, Taschenrechner und Kokosnüssen. Aus dem Taschenrechner bin ich nicht schlau geworden, aber Kokosnüsse werden geopfert, um sich von den Sünden reinzuwaschen, und so weiß wie das Innere der Kokosnuss zu werden (so habe ich es auf jeden Fall verstanden). In dem Haupttempel sollte man wohl keine Kokosnüsse opfern, weil es dazu einen eigenen Schrein gibt. Wir haben uns außerdem gewundert, warum keine anderen Touristen dort sind, bis uns zwei freundlich Pilger aus Mumbai gesagt haben, dass es auch eine Schlange für Touristen und Militär gibt, die viel schneller ist! Ein Dankeschön an die Mitarbeiter, die uns in die Pilgerschlange gestellt haben! Es gab ja kein Entkommen mehr aus den Käfigen... Beim Ticketschalter wurde uns gesagt, dass wir noch 3 weitere Stunden warten müssen. Dazu hat unsere Zeit einfach nicht gereicht , weil wir vor dem Dunkeln zurückfahren mussten. Die Entscheidung nach 5 Stunden vergeblichem Warten aus der Schlange zu gehen war für uns wirklich hart.
Wir konnten uns dann aber von außen den Tempel und die Anlage angucken (nur keinen Darshan im Tempel machen das haben wir an einem anderen Tag in einem Tempel nachgeholt, aber davon berichte ich in dem nächsten Eintrag). Dort konnten wir zum Glück noch andere Dinge angucken: kleinere Tempel, den Wassertank hinter dem Tempel (der auch eine rituelle Bedeutung hat und in dem die Männer baden), die Opferstelle für Kokosnüsse, ein kleines Museum und Elefanten mit religiösen Symbolen bemalt. Als wir eine kleine Essenspause gemacht haben, sind leider die Fotografen auf uns aufmerksam geworden. Sie wollten unbedingt ein Foto haben, um es bei ihren Fotobeispielen zu zeigen. Wer also Thirumala besucht, kann sich dann ein Bild von Miriam zeigen lassen! Ich war nach der ganzen Warterei wohl etwas zu geladen und habe nur die ganze Zeit vor mir hin geredet, dass man Menschen nicht beim Essen stört!
Auf dem Rückweg nach Chittoor ist uns dann ein Mann mit einem ganz kleinen erschöpften Mädchen begegnet, dass mit ihrer Mutter 8 Stunden warten musste. Ihre Mutter ist anscheinend krank geworden und der ihr wohl fast fremde Mann musste sie zurück nach Hause bringen, da morgen Schule war! Wir haben das Mädchen erstmal mit Essen versorgt, sie auf unseren Schoß gesetzt und schlafen lassen und ihr deutsche Gute-Nacht-Lieder vorgesungen. Zwei Weiße waren wohl auch etwas viel für sie, aber sie hat sich nicht beschwert und der Mann war auch ganz froh, dass sich jemand um das Kind kümmert.
Dafür wollte er uns dann unbedingt Ladoo andrehen (eine bräunliche Kugel), die man im Tempel bekommt. Weil es ihm wirklich eine Herzensangelegenheit zu sein schien, haben wir sie angenommen. Am Abend noch meinten die Wardens, die hätten vergessen uns von Ladoo zu erzählen, einer indischen Süßigkeit, die in Thirumala am besten sein soll. Sie hat auch wirklich gut geschmeckt!

Landschaft auf dem Weg nach Thirumala

Wartekäfige (die kaum die Realität widespiegeln)
Ich unter Hindu-Pilgern


Opferstelle für Kokosnüsse
Opferstelle mit glatzköpfigen Pilgern

Elefant mit religiösen Symbolen

Shuttlebus für Pilger
rituelle Badestelle hinter dem Tempel

Der Tempel
 Und nochmal danke an Miriam für die ganzen Bilder!

Mittwoch, 10. Oktober 2012

Erstes Lebenszeichen

வணக்கம் Vannakam!

So viele Eindrücke, Begegnungen und auch Probleme seit meinem Aufbruch. Es ist so vieles anders als in meinen Vorstellungen geworden. Erst jetzt, wo ich mich etwas daran gewöhnt habe, kann ich berichten. Und ich möchte so viel berichten, da alles für mich fremd und neu ist und ich euch daran teilhaben lassen möchte.

Abschied und Ankunft


Schon hier ist alles anders gekommen, als ich gedacht habe. Wegen dem Lufthansa-Streik begann meine Reise einen Tag früher als geplant. Auf dem Flug nach Abu Dhabi, der von Koranversen begleitet war, um für die Sicherheit des Fluges zu sorgen, hatten Gedanken über den ausgefallenen Abschied gar keinen Platz mehr, denn die Aufregung auf das Neue und Unbekannte stieg. Als ich dann auf dem Flug nach Bangalore realisierte, dass ich die einzige „Weiße“ unter Dutzenden Indern war, kam mir nur der Gedanke: „Daran kannst du dich schon mal gewöhnen.“. Spät nachts in Bangalore angekommen war mein einziges Ziel, durch die Visumskontrolle zu kommen und John (den Chef meiner Organisation) zu finden. Das Visum machte keine weiteren Probleme, aber die Suche nach John gestaltete sich schwierig. Nach großer Verzweiflung über nicht funktionierende Handys und falsche Nummern wurde ich endlich gefunden. Der Empfang war herzlich und ich wurde gleich zu meiner Unterkunft in Bangalore gebracht.

Bangalore


Meine Unterkunft in Bangalore war in der Familie meines Chefs. Während meiner Zeit in Bangalore bin ich leider nur selten aus dem Haus gekommen, da die Eltern berufstätig sind und die beiden Kinder zur Schule gehen. Trotzdem habe ich einiges von der indischen Kultur mitbekommen. Nach einigen Autoriksha-Fahrten (die hier nur „autos“ heißen) durch die Stadt habe ich wenigstens einen kurzen Blick auf die Stadt und die indische Kultur bekommen, die man sonst nur von Fotos kannte. Es sind einfach überall Menschen auf den Straßen und der Verkehr läuft nach überhaupt keinen Regeln ab, obwohl immer auf riesigen Schildern hingewiesen wird: „Follow traffic rules!“. Aber von Regeln kann hier gar nicht die Rede sein: Jedes „auto“ und jedes andere Fahrzeug fährt kreuz und quer, Hauptsache nicht anhalten. Eine Straßenüberquerung ist hier wirklich lebensgefährlich (ich hab mittlerweile gelernt, dass „autos“ und Mofas im Notfall anhalten, aber andere Fahrzeuge nicht). Ganze 4-köpfige Familien auf ein Mofa gequetscht, überfüllte Busse, Transporte von gefährlichen Gütern wie dutzende Gasflaschen und riesige Metallstäbe in „autos“, weiße Oldtimer, die als Taxis oder Regierungswagen benutzt werden und sehr an die Kolonialzeit erinnern und bunt bemalte, mit Blumen und Kitsch behängte und beschriebene LKWs, die für mich am faszinierendsten sind. Dieses ganze bunte Treiben spielt sich in einer ohrenbetäubenden Lautstärke ab. Jedesmal wenn man überholt oder einfach Lust dazu hat, wird laut gehupt, und das ist ständig.
Als wir einmal raus auf die Straße gegangen sind, um Sachen zu besorgen, ist mir aufgefallen, dass es überhaupt keine Mülleimer gibt und Toiletten auch nicht. Das heißt der Müll wird mitten auf der Straße verbrannt und Kinder und Erwachsene pinkeln einfach auf den Bürgersteig. 

Mein Viertel in Bangalore


Bangalore – Chittoor


Von Chittoor wurde mir von den Indern immer nur erzählt: „Es ist viel heißer, das Essen ist schärfer und die Menschen können kaum Englisch.“
Schon die Fahrt nach Chittoor fand ich sehr aufregend, da man den Gegensatz von Stadt und Land gut sehen und ich die Landschaft in aller Ruhe betrachten konnte. Es hat erst mal Stunden gedauert, aus Bangalore herauszufahren, da die Stadt einfach riesig ist. Doch auf dem Weg ist nicht unbewohnte Natur, hier ist einfach jedes bisschen Land irgendwie genutzt. Auf unserem Weg waren Ferienanlagen, Gemüse- und Reisfelder auf denen gearbeitet wurde, ärmliche Holzhütten und Straßenverkäufer. Und auch die Landschaft ist vollkommen anders als in Deutschland. Statt Vögeln sitzen Affen auf den Bäumen und die Straßenschilder hier warnen nicht vor Rehen sondern vor Elefanten, die die Straße kreuzen, aber ich habe leider keinen gesehen. Überall sind Hindutempel, Palmen, Berge aus riesigen Steinblöcken und lauter kleine Dörfer. Als ich in Chittoor aus dem Auto ausgestiegen bin, traf mich erstmal der Schlag. Obwohl wir abends angekommen sind, war es so heiß. Jetzt kann ich erst verstehen, warum die Menschen sagen, dass das Wetter in Bangalore so angenehm ist.

Chittoor


Ich kann auf jeden Fall alle bestätigen, was mir über Chittoor gesagt wurde. Es ist viel heißer dort, das Essen ist schärfer und die meisten Menschen sprechen kaum Englisch. Es ist schon eine große Stadt und sie ist die einzige richtige Stadt in diesem Distrikt. Man kann dort eigentlich alles bekommen, was man zum Leben braucht. Deshalb kommen auch viele Menschen aus den Dörfern hierher und man merkt, wie die Stadt ländlich geprägt ist. Auch alle Verwaltungsgebäude vom Distrikt sind in unserer Stadt und wenn ein Dorf eine Angelegenheit wie einen neuen Brunnen oder ähnliches hat, muss es hierherkommen. Aber nicht nur ein oder zwei Menschen, dafür braucht man das ganze Dorf und das wird dann mit Traktoren auf Anhängern einfach komplett vor die Behörde gefahren. Manche Häuser hier stammen noch aus der Kolonialzeit, doch diese sind aber zugemalt und -geklebt mit Reklame, wie es hier mit jedem Haus passiert.
Sonst gibt es eigentlich nicht viel über die Stadt zusagen. Sie hat keine großen Sehenswürdigkeiten und ist aufgebaut wie jede typische indische Stadt mit tausenden Läden und so vielen Schulen, Tempeln, Kirchen und allem möglichen. Da hier viel mehr Kinder leben, als in deutschen Städten, brauchen sie auch viel mehr Schulen. Außerdem ist es bekannt für seine Mangos, von denen es hier hunderte Sorten gibt. Leider hab ich die Mangosaison verpasst. Doch in der Saison, im Sommer, wird es um die 40° und auch manche Anwohner können die Hitze nicht ertragen..also bin ich eigentlich ganz froh darüber! Im Moment ist hier Winter, aber bei 30-35°, die die meiste Zeit herrschen, kann man über das Wort Winter nur lachen.
In den Straßen ist immer ein gewisser Gestank vorhanden. Der Geruch von dem ganzen Müll auf der Straße (der irgendwann mal verbrannt wird), den Wasserabflüssen, Staub, Jasminblüten, Kuhdung und vielem vielem mehr. Aber es gibt hier sogar Umweltaktivisten, die an die Wände „No plastic, nature ist good“ und so weiter geschrieben haben. Tiere sind hier natürlich auch selbstverständlich: Kühe sind überall auf den Straßen zu sehen und sie legen sich auch gerne überall hin. Letztens habe ich sogar eine Kuh gesehen, die in einem „auto“ mitgefahren ist. Warum auch immer... Außerdem sind hier hunderte Straßenhunde, was mir vorher gar nicht so bewusst war. In meinem Wohnviertel sind leider 2 Hundebanden, die sich nachts gerne vor meinem Fenster bekämpfen. Den geht man am besten auch aus dem Weg! Genauso wie den Affen, die manchmal in den Straßen sind. Sie gehen oft in die Läden und klauen das Essen. Mit ihnen ist also nicht zu spaßen.

Registrierung


In der ersten Woche habe ich mich mit 2 Angestellten von SCAN auf den Weg gemacht, um mich in Chittoor zu registrieren. Diese Begegnung mit den indischen Behörden hat sich schwieriger gestaltet, als ich gedacht habe, und war eigentlich auch ganz amüsant. Wir wurden 2 Tage lang zwischen zwei Behörden hin und her geschickt, weil Stempel fehlten, der Vorsitzende nicht da war und so weiter. Bei allem stand ich eigentlich ahnungslos daneben, da Elizabeth und der andere Mitarbeiter fast gar kein Englisch konnten und meine Tamilkenntnisse sich noch auf fast null belaufen. Nach langem hin und her wurden wir dann weiter vorgelassen und kamen in die Wartehalle. Das muss man sich jedoch alles provisorischer vorstellen, als es rüberkommt. Dort trafen wir erst mal eine Gruppe von Demonstranten, die sich „Green Ganesha“ nannten und als Umweltschützer unterwegs sind. Nach 2 Stunden kam ich dann endlich zu dem Vositzenden. Dieser nahm mich so freundlich auf, war der erste der Englisch sprach, interessierte sich für Deutschland und nach ein bisschen Smalltalk war die Registrierung in 2 Minuten geschehen und ich hab sogar die Mail & Telefonnummer bekommen, falls ich irgendwelche Probleme habe. So einfach kann es dann doch gehen.

Alltag


Kommen wir zu meinem Leben in Chittoor. Ich lebe in einem Haus mit der Mutter meines Chefs und ihren 2 erwachsenen Söhnen. Die Familie hat sogar eine Waschmaschine und eine provisorische Dusche und zählt wohl zu den etwas wohlhabenderen Familien. Ich arbeite im Moment in einem Center von SCAN, dem „Johnson Institute Of Vocational Training“. Es werden Computerkurse, Nähunterricht und Englischunterricht angeboten. Der Center ist in einem Mietshaus und sehr klein. Bald habe ich dort mit meiner Arbeit angefangen. Ich unterrichte Deutsch für eine Gruppe von 18-Jährigen. Die Größe der Gruppe kann ich nicht sagen, da jeder kommt, wenn er Lust dazu hat. Deutsch zu unterrichten gestaltet sich etwas schwierig, da die Inder natürlich Probleme mit der Aussprache haben und die meisten gar kein Englisch können. Aber ich sollte in der ersten Zeit kein Englisch sondern Deutsch unterrichten, da die Schüler das gerne so wollen würden. Fast jeden Tag gehe ich nach der Deutschstunde in den Nähunterricht, um Kontakt mit den Menschen aufzunehmen. Sie sind ganz versessen darauf, mit etwas beizubringen. Doch dort wird nur Miniaturkleidung genäht, um Stoff zu sparen. Also war ich die erste Zeit damit beschäftigt aus Zeitungspapier Puppenkleidung mit der Hand zu nähen. Den größeren Sinn muss ich noch herausfinden, aber sie hatten auf jeden Fall ihre Freude dabei, mir zuzusehen. Das Erklären gestaltet sich auch sehr schwierig, da der gesamte Kurs+Lehrerin fast kein Wort Englisch spricht. Trotzdem ist es eine sehr warmherzige Gruppe und wir lachen viel.
Danach gehe ich nach Hause, um Mittag zu essen. Eigentlich soll ich mich am Nachmittag um ein Proposal kümmern. Das ist ein Bericht über die Organisation, der an Spendenorganisationen geschickt werden soll. Dafür brauche ich natürlich Informationen über SCAN und alle Aktivitäten, die sie machen, von denen viele nicht mehr aktuell sind. Ich warte schon vergeblich seit 2 Wochen darauf und mir wird jeden Tag versichert, dass ich sie morgen auf jeden Fall bekomme....
Da ist sonst nachmittags nichts zu tun habe und sowieso auf der Suche nach anderen Freiwilligen war, habe ich mich nach anderen Projekten mit Freiwilligen umgeschaut und die einzige andere Freiwillige in ganz Chittoor gefunden! Sie ist im „Sherman Memorial Girls Boarding Home and High School“ (einem christlichen Mädcheninternat) und arbeitet dort hauptsächlich im Hostel, das von der Organisation Indienhilfe unterstützt wird. Die meisten Nachmittage verbringe ich dort mit Miriam zusammen.
Die Mädchen sind alle super lieb und haben mich freundlich aufgenommen. Wenn ich dort hinkomme, sagt jedes Mädchen „Hi, Sister. How are you?“ und wollen unbedingt mit einem reden. Da kann es auch mal eine halbe Stunde dauern bis man vom Campusgelände herunter ist. Wir spielen manchmal mit den Mädchen, sind bei den „wardens“ im Büro, helfen in der Küche oder gehen auf den market. Die zwei Wardens sind für die Kinder von Indienhilfe und auch für Miriam zuständig. Sie haben mich so herzlich aufgenommen. Auch der Tee am Nachmittag ist ein Muss, was mich doch sehr an die Briten erinnert. College und Hostel sind in alten Gebäuden aus der Kolonialzeit und die Menschen dort versuchen mit dem wenigen, das sie haben, den Mädchen eine gute Bildung und Zukunftsaussichten zu verschaffen.
An einem Sonntag haben Miriam und ich geholfen, für alle Kinder (ca.100) Chapati mitzumachen, was auch fast den ganzen Tag dauert. Wir wurden in die Kunst eingeführt und ich hab es mir gleich aufgeschrieben, damit ich es nicht vergesse!
Letztens haben wir auch eine Art Schatzsuche für die Kinder veranstaltet. Doch die Mädchen waren so begeistert und aufgedreht, so etwas zum ersten Mal zu machen, dass alles im Chaos versunken ist und alle nur noch umher gerannt sind, um schnellstmöglich den Schatz zu finden.
Alltag ist auch, dass sich hier das ganze Leben nach dem Strom legt. Dieser ist jeden Tag von ca. 11-1 Uhr und von 4 Uhr bis in den frühen Morgen vorhanden. Man wartet eigentlich die ganze Zeit darauf, dass der Strom wiederkommt, damit es mit dem Ventilator etwas erträglicher wird, man sich kühle Getränke kaufen kann und so weiter. Hier ist das ganze Leben darauf ausgelegt, dass es nicht die ganze Zeit Strom gibt. Lebensmittel können nicht wirklich gekühlt werden, Büros funktionieren nur zu den bestimmten Zeiten, Computerunterricht geht auch nur in der Theorie und Näherinnen nähen meist mit Handmaschinen. Eigene Generatoren sind teuer und nicht alle Geschäfte können sich das leisten.
Am Anfang durfte ich noch nicht alleine auf die Straße und wurde immer von den Angestellten gebracht, mit Riksha oder Mofa nach Hause gefahren. Doch das Problem ist, dass man beim Mofa im Damensitz fährt, aber natürlich nicht den Fahrer berühren darf, um sich festzuhalten. Da hatte ich ganz schön Ängste auszustehen! Mittlerweile darf ich alleine raus, doch meine Familie macht sich schon ziemlich Sorgen. Jedes Mal wenn ich das Haus verlasse, starren mich fast ausnahmslos alle Menschen an. Langsam habe ich mich daran gewöhnt, doch am Anfang war es schon sehr befremdlich. Doch Inder starren nicht unauffällig. Personen zeigen auf mich, reden merklich über mich, tuscheln, lachen und wollen mich gerne ansprechen und manche machen heimlich Fotos von mir. Man wird oft auf der Straße von Menschen angesprochen. Viele Schüler versuchen mit mir zu reden und ihre Englischkenntnisse auszuprobieren. Wenn sie dann neben mir herlaufen, sind sie der Held der Schule. Irgendwann lernt man, die meisten Zurufe zu ignorieren, da man sonst gar nicht vorwärts kommen würde, aber ich hatte auf jeden Fall schon einige nette Gespräche. Außerdem wird man meistens „sister“ oder „auntie“ von den Schülern gerufen, wobei ich mir bei „auntie“ schon ziemlich alt vorkomme!
Sherman Hostel

Chapati machen mit den Mädchen

Miriam mit den Sherman Mädchen


Menschen


Beeindruckend ist auch die strenge Hierarchie, die überall zu herrschen scheint. Solche Dinge, wer sich auf welchen Stuhl setzten darf und wer auf dem Boden sitzt, sind wirklich bedeutend, und man muss ganz schön aufpassen, keine Fehler zu machen!
Außerdem ist es nicht ungewöhnlich, dass man eigene Diener für zu Hause hat, die alle wichtigen Sachen erledigen. So ist zum Beispiel eine Mitarbeiterin von SCAN – Elizabeth – hier ein bisschen für mich zuständig. Sie kann leider kaum Englisch, doch ich versuche mich so gut wie es geht mit ihr zu verständigen. Sie geht für SCAN in die ärmeren Dörfer und muss oft mit Bussen fahren und dann laufen. Am Anfang wurde sie jedes Mal angerufen, um mich irgendwohin zu bringen, damit ich nicht alleine laufen muss. Dabei muss sie von ihrem Haus ganz zu mir laufen und dann den ganzen Weg wieder zurück. Sie ist älter, hat wirkliche gesundheitliche Probleme und muss ihre Kinder durchbringen. Die Schulgebühren für diese kann sie fast nicht aufbringen, da ihr Mann sie verlassen hat und keinen Unterhalt zahlt. Nach vielem Hin und Her hab ich den Chef aber überzeugen können, dass ich auch ohne sie zurecht komme. Denn sie tat mir wirklich Leid.

Die Trennung von Männern und Frauen ist hier wirklich noch sehr zu merken. Irgendwelche Zärtlichkeiten wie Händchenhalten in der Öffentlichkeit sind sehr sehr selten und die meisten Hochzeiten sind noch arrangiert. Insgesamt ist die Frau eher untergeordnet. Aber trotzdem ist es sehr schlecht angesehen, eine Frau (wenn es nicht die Ehefrau ist) zu belästigen. Egal wie eng es ist, ein Inder schafft es immer dich in dem größten Gedränge nicht zu berühren.

Sprachen


Chittoor ist wirklich ein bunt durchmischter Ort. Vor allem sprachlich, da es sehr nach an Tamil Nadu liegt und auch nicht weit von Karnataka entfernt ist. Hier wird wirklich genau soviel Tamil wie Telugu gesprochen. Tamil ist die offizielle Sprache von Tamil Nadu und Telugu die von meinem Bundesstaat Andhra Pradesh. An der Grenze hat sich das natürlich vermischt und hier kommt man mit einigen Tamil Wörtern schon sehr weit.
In meiner Gastfamilie wird Tamil gesprochen und die Oma möchte mir unbedingt das Alphabet beibringen, was aber über 100 Buchstaben hat! In meinem Nähkurs wird allerdings nur Telugu gesprochen und sie wollen mir unbedingt einige Wörter beibringen. Da ich noch nicht wirklich den Unterschied zwischen beiden Sprachen hören kann, ist es insgesamt sehr schwierig eine Sprache zu lernen, doch ein paar Tamil Wörter hab ich mir schon eingeprägt, denn die Menschen hier freuen sich sehr, wenn man versucht, ihre Sprache zu sprechen. Es gibt so viele Schulen, die alle auf unterschiedlichen Sprachen sind (Englisch, Tamil, Telugu) und viele Kinder müssen Telugu erst noch lernen, da sie sonst nur schwer einen Job finden.
An das Englisch hier und den starken Akzent musste ich mich erstmal gewöhnen. Und für die Inder ist es genauso schwierig, mich zu verstehen! Mit einzelnen Worten (auf keinen Fall Sätze) kommt man schon weit, wenn es die Worte sind, die Inder kennen: Xerox-Kopie, current-Strom (nicht electricity!), to let statt for sale und so weiter


Armut


An einem Tag habe ich auch mit den SCAN-Mitarbeitern einen Ausflug in ein Dorf gemacht. Das war wirklich so abgeschieden. Es führt keine richtige Straße dorthin, überall sind Ochsenkarren und „autos“, die voll mit 15 Personen sind (sonst passen 4 Leute rein), weil sie sich sonst keine Fahrt zum nächstgrößeren Dorf leisten können. Die Menschen dort leben in Lehmhütten und haben meist eine Kuh oder Ziege, die ihren Lebensunterhalt ausmacht. Sie müssen den ganzen Tag hart auf dem Feld (vor allem Reisfelder) arbeiten, während sie keine Zeit haben sich um die Kinder zu kümmern. Ich habe dort eine einfache Schule und einen Child Care Center besucht, wo Kinder von 2-10 Jahren hingehen können. So erhalten sie wenigstens eine grundsätzliche Bildung und eine warme Mahlzeit am Tag. In der Schule, die wir besucht haben, war nur das Problem, dass die Lehrer nur Tamil und die Kinder nur Telugu gesprochen haben!
Dorfschule

Market


Oft gehe ich mit Miriam und auch den Wardens zum market, um irgendwelche Erledigungen zu machen. Man bekommt alles was man braucht, von Obst, Lebensmittel und Blumen über Kleidung.Das Geschehen auf dem market ist wirklich beeindruckend, denn obwohl keine „3 wheeler“ zugelassen sind, ist die ganze Straße voll von Rikshas, Scootern und manchmal kommt auch ein Ochsenkarren vorbei. Diese sehen wirklich beeindruckend aus, ganz anders als in Deutschland, und sie malen die riesigen Hörner der Ochsen bunt an. An dem Beginn vom Market wird man schön mit dem Bild eines in 2 Hälften geteilten Mannes zu Verkehrssicherheit aufgefordert. Was für eine schöne Begrüßung!
Oft gehen wir auch zu dem Supermarkt, um uns mit Keksen, Trinken und einfach nur salzigen und nicht scharfen Crackern zu versorgen. Wenn man hier zum Bäcker geht, ist alles voll mit Süßigkeiten und Kuchen, der sich nur aufgrund der Massen an Zucker bei der Hitze halten kann. Selbst das Brot hier ist süß. Außerdem habe ich mir einige dresses (auch salwar genannt) gekauft. Das tragen hier die nicht verheirateten Frauen. Es besteht aus einer langen Hose, einem Kleid das über die Knie geht und einem Schal, damit einem bei diesen Temperaturen auch nicht kalt wird. Mit dieser Kleidung wird man auf der Straße nicht mehr so sehr angestarrt. Es ist üblich sich den Stoff in Packungen zu kaufen und ihn dann vom Tailor nähen zu lassen (selbstverständlich Frauen und Männer getrennt), was kaum etwas kostet. Außerdem hab ich schon meinen ersten Saree, den ich bei Gelegenheit mal in der Öffentlichkeit tragen werde. Doch es ist sehr ungewohnt, da er aus einem langen Unterrock, einer bauchfreien Bluse und einem 5 Meter langen Stück Stoff besteht.
Die Männer tragen hier, im ländlichen Bereich, oft ein lungi. Das ist ein langes Tuch, dass sie sich wie ein Rock umbinden (das kann man sich auch hochbinden) und mit dem sie über die Straße stolzieren. Das kann auch leicht mal runterfallen und dann muss es eben in der Öffentlichkeit neu gebunden werden. Oft sind die Menschen auch barfuss unterwegs und in den meisten Gebäuden (Behörden, Schulen, Häuser) zieht man sich seine Schuhe aus.
Gemüsemarkt

Miriam und ich in indischer Kleidung
 

Begegnungen mit Religion


In Indien ist wirklich zu merken, das so viele verschiedene Religionen vorhanden sind. Obwohl der Großteil Hindus ist, sieht man überall Moslems, Moscheen und Kirchen. In Chittoor kleiden sich die Moslems meist traditionell, um sich von den anderen abzuheben. Das heißt, dass es einige verschleierte (mit unter auch ganz verschleiert oder nur die Augen zu sehen) Frauen gibt und die Männer meistens eine Art weißer Kappe auf dem Kopf tragen und sich den Bart haben wachsen lassen. Jede Art von Haus, Geschäft, Auto muss gleich allen Menschen ihre Religion kundtuen. So kommt es vor, dass auf den Autorikshas entweder Mashalllah, Inshallah, Praise the Lord, Jesus oder Om Sai Ram und noch viel mehr steht. In jeder Behörde und in jedem Geschäft sind Bilder: entweder kleine Hinduschreine, kitschige Jesusbilder oder arabische Schriftzeichen. Doch hier ist die Toleranz nur in Ansätzen vorhanden. Ich habe mit Christen gesprochen, die den Hinduismus sehr verurteilen und gerne alle zum Christentum bekehren würden. Man akzeptiert sie, verurteilt es jedoch im Gemeinen und hat meist Freunde, die die gleiche Religion haben. Es ist anscheinend auch so, dass man als Christ geringere Jobchancen in Ministerien und Regierungsbehörden hat, aber den Wahrheitsgehalt kann ich nicht garantieren.

Christentum: Ich lebe in einer christlichen Familie. Das Christentum unterschiedet sich sehr sehr deutlich von dem, dass ich aus Deutschland kenne. Überall im und am Haus sind Jesusbilder, Bibelverse und der Glaube wird sehr extrovertiert ausgelebt. Bis jetzt war ich jeden Sonntag im Gottesdienst und schon dort war mir zunächst einiges unbekannt. Das erste Mal bin ich in Bangalore mit in eine Freikirche gegangen. Die Gottesdienste laufen dort in Massen ab. Mein zweiter Gottesdienst war in Chittoor (natürlich auf Tamil). Er dauert immer 2 Stunden oder länger und Männer & Frauen sitzen meist auf getrennten Seiten. Die meisten Frauen dort verschleiern sich, wenn sie beten oder im Gottesdienst sind. Beeindruckend ist auch die unglaubliche Demut. In der Kirche robbte auf einmal eine Frau verschleiert auf dem Boden zum Altar an mir vorbei.
Ich wurde von der Mitarbeiterin zu einigen Menschen gebracht, die für mich gebetet haben. Wenn man mit diesen Menschen spricht, sind oft die ersten Fragen „Bist du Christ? Wie oft betest du? Was ist deine Lieblingsstelle? Beten deine Eltern?“ So ein extrem ausgelebtes Christentum kenne ich persönlich gar nicht und auf mich wirkt es schon fast wie eine neue Religion, die ich hier kennenlerne. Auch in dem Büro von SCAN hängen Jesusbilder und deshalb habe ich einmal nachgefragt, ob dies eine christliche Organisation ist. Sie meinten, natürlich nicht, sie ist konfessionslos. Das passte für mich nicht zusammen, weil überall im Center Bilder von Jesus hängen, doch sie meinten dass dies nur wegen der Kultur so ist.
Ich kenne fast ausschließlich christliche Personen, die man besonders grüßt (Stotrum), doch ich finde es auch ein wenig schade, dass ich erst so wenig vom Hinduismus mitbekommen habe. 

Hinduismus: Ein wenig habe ich auf jeden Fall mitbekommen. Fast jedes Geschäft, jede Firma hat das Bild eines Gottes oder den Namen eines Gottes oder Heiligen in seinem Namen. Alles ist voll mit Götterbildern, die man in jedem Geschäft findet. In der Zeit, in der ich hier bin, war auch schon gleich ein Feiertag: Ganesh Chathurti (Ganeshs Geburtstag), an dem keine Schule und nichts war. Dort werden Schreine für Ganeshtatuen gebaut (die bunt bemalt sind). Diese sollen dann in einem Fluss oder See versenkt werden. Leider haben wir hier nicht dergleichen und deshalb werden sie in Wasserpötten oder der Badewanne versenkt. Der Feiertag sollte eigentlich nur einen Tag dauern, hat sich aber 2 Wochen hingezogen, da jedes Wohnviertel seinen Ganesh an einem anderen Tag versenkt hat. Sonst wäre nur noch Chaos auf den Straßen. Ich habe einen Umzug in Bangalore gesehen und der Lärm ist wirklich ohrenbetäubend. Es werden die ganze Zeit Böller gezündet, laute Musik gespielt und die Statue durch die Straßen getragen, mit tausenden Lichtern. Für diese Zeremonie brauchen sie auch Bananenblätter. Einen Tag vor Ganesh Chathurti war also die ganze Stadt voller Bananenblätter und Statuen. Natürlich habe ich auch eine SMS bekommen, die mir Happy Ganesh Chathurti gewünscht hat.

Das war jetzt ein erster langer Eintrag.Ich werde ab jetzt regelmäßiger und kürzer schreiben!